Donnerstag, 10. April 2014

Philip Rosedale auf der VWBPE 2014

Ich habe es gestern tatsächlich in das Amphitheater auf der VWBPE geschafft, obwohl es dort rappelvoll war. Zeitweise waren über 200 Avatare in der Arena, was ich seit den Pink Floyd Shows von CARP in SL nicht mehr erlebt habe. Auch ist während der gesamten Rede von Philip Rosedale keiner der vier Regionen gecrasht und die Performance in meinem Viewer war außerodentlich gut. Alle Texturen rezzten und ich konnte mit der Kamera rumzoomen, ohne dass der Viewer abstürzte.


Unter den Besuchern waren viele bekannte Namen, darunter auch einige, die sonst nur noch selten in SL anzutreffen sind, wie etwa Pathfinder Lester (ehem. Linden). Und so wurde dann auch im Chat an alte Zeiten erinnert, als man sich noch regelmäßig mit den Lindens beim Townhall Meeting getroffen hatte. Von den Lindens waren unter den Besuchern Ebbe, Pete und Xiola Linden anwesend. Ebbe wird morgen dann selbst um 1pm SLT (22 Uhr MEZ) eine Rede halten. Und da es Freitag ist, wird es sicher noch voller als gestern.

Philip Rosedale
Philip erschien pünktlich um 22 Uhr. Sein verrücktes Outfit, das er als CEO von LL immer getragen hat, wurde durch einen braven "Man Next Door"-Look ersetzt, mit einem Second Life Logo vorne auf dem Shirt. Seine Rede wurde dann im Audiostream übertragen. Parallel dazu hat hinter dem Theater Gentle Heron ein Live-Transkript in den Chat eingespeist (via "Voice-to-Text"), so dass auch Gehörlose oder Leute mit Audioproblemen Philips Ausführungen folgen konnten. Die eigentliche Rede dauerte ca. 49 Minuten, gefolgt von fast 20 Minuten, die Philip noch auf Fragen von den Besuchern eingegangen ist.


Den Inhalt von Philips Rede fasse ich nur ganz grob zusammen, da ich mir live keine Notizen gemacht habe. Das Video mit der kompletten Keynote-Rede habe ich unten eingebettet. In großen Teilen hat Philip in seinen Ausführungen den Inhalt aus seiner Präsentation auf dem SVVR wiederholt.

Philip sagte zu Beginn, dass er das Buch Ready Player One gelesen habe, in der es auch um Lernen in virtuellen Welten geht. Man habe in SL schon viel in diesem Bereich erreicht, aber es gibt auch viele Dinge die man aktuell noch nicht in virtuellen Welten machen kann. Und Ready Player One zeigt ganz gut auf, welche Dinge das sind.

Dann erzählte Philip von seinen Kindheitsträumen und wie diese greifbar wurden als das Internet entstanden ist. Er wollte einen Raum schaffen, in dem man bauen konnte was man sich schon immer erträumt hatte. Und das hat er schließlich mit Second Life zum Teil auch hinbekommen. Aber seine Passion was virtuelle Welten betrifft, geht weiter und er wird wohl niemals aufhören, sich mit diesem Thema zu befassen.

Aktuell fragt er sich, warum nicht eine Milliarde Menschen in SL unterwegs sind, sondern nur eine Millionen. Seiner Ansicht nach ist es nicht deswegen, weil diese Welt nicht motivierend sei, sondern weil es so schwer ist, hinein zu gelangen. Und dass die einfachsten Dinge wie laufen, sitzen und bauen schon eine Herausforderung für viele wäre.

Als Hauptgrund für diese Probleme sieht Philip die Bindung der Steuerung an eine Maus. Man habe damit genau zwei Möglichkeiten: hoch/runter und rechts/links. In Kombination mit gleichzeitig gedrückten Tasten auf der Tastatur geht zwar noch einiges mehr, aber beides zusammen zur gleichen Zeit kommt schon dem Schwierigkeitsgrad von Piano spielen gleich. Wir SL-Nutzer haben das gelernt und halten es für einfach. Jemand mit nicht so viel Ehrgeiz findet es dagegen unglaublich schwer. Philip schätzt die Zeit zum Lernen der SL-Steuerung auf 10 bis 12 Stunden.

Danach beschreibt Philip, dass auch die direkte Kommunikation in SL nicht einfach sei. Wir haben zwar Chat und/oder Voice, aber wir haben keine Körpersprache, können unsere Hände nicht zum Gestikulieren benutzen und es gibt keine Echtzeit-Gesichtsmimik.

All diese Dinge, die in SL heute nicht gehen, will Philip nun in High Fidelity umsetzen. Und er denkt, dass dies vor allem auch dem Lern- und Bildungsbereich in virtuellen Welten zugute kommen wird. Dazu muss in erster Linie die Hardware zum Betrieb virtueller Welten neu ausgelegt werden. Ein schon existierendes Beispiel ist die Oculus Rift. Und Facebook hat durch den Kauf der Oculus im Grunde den Status von virtuellen Welten auf eine wesentlich höhere Stufe gestellt. Philip spricht von einem kommenden Hype, ähnlich wie dem von 2006.

Doch die Entwicklung hört bei der Oculus nicht auf. Das sei erst der Anfang und nun werde an Hardware gearbeitet, die den Avatar in Echtzeit so bewegen, wie sich der Nutzer auch bewegt. Dies gilt vor allem für die Arme und Beine und für den Gesichtsausdruck. Letzteres sei besonders wichtig für den virtuellen Bildungsbereich.


Dann spricht Philip gute 10 Minuten über Latenzzeiten in virtuellen Welten und in anderen Kommunikationsmedien. Für ihn ist eine Latenz von 100ms (oder weniger) scheinbar der heilige Gral. Als Beispiel: VoIP hat ca. 800ms Latenz, mobile Telefone ca. 500ms und Skype ca. 250ms. Aber Echtzeit-Körpersprache, in Verbindung mit gesprochenen Worten, ist nur authentisch, wenn man 100ms oder weniger erreichen kann. Und das ist eines der Ziele, die man mit High Fidelity schon geschafft habe.

Nächstes Thema war die Identifikation von Nutzern in virtuellen Welten. Dazu habe ich schon Philips Artikel aus dem HF-Blog übersetzt, weswegen ich das hier nicht noch mal wiedergebe.

Als letztes Thema kommt Philip auf die Skalierbarkeit von virtuellen Welten zu sprechen. Diese sei in SL ziemlich eingeschränkt. Die 200 Avatare im Amphitheater seien im Grunde schon das Maximum, was für eine gemeinsame Veranstaltung möglich ist. Dies soll in Zukunft durch die Vernetzung aller mit High Fidelity verbundenen Rechner wesentlich verbessert werden. Diese würden dann immer dort für Rechenarbeit eingesetzt werden, wo die Kapazität benötigt werde, wie zum Beispiel auf einem Konzert.



Abschließende Zusammenfassung (von Philip selbst so aufgezählt):
  • Ohne die hohe Lernkurve wird die Anzahl von Nutzern in virtuelle Welten wachsen.
  • Die Architektur von virtuellen Welten muss offen gestaltet werden.
  • Für zukünftige virtuelle Welten werden mehr Server (Rechner) benötigt als heute.
  • Die Zukunft für den Lern- und Ausbildungsbereich in virtuellen Welten wird unglaublich gut.
  • Man wird viel mehr Leute an einem Ort zur gleichen Zeit versammeln können.
  • Man wird in Echtzeit auch durch Körpersprache miteinander kommunizieren.
  • Man wird künftig merken, ob ein Avatar einem tatsächlich zuhört.

Dann beantwortete Philip einige Fragen aus dem Publikum. Daraus nur einige wenige Aussagen, weil mir schon wieder die Zeit davonläuft:
  • Kinect ist für virtuelle Welten ganz gut, Leap Motion nicht so sehr.
  • Die Akzeptanz virtueller Welten ist mehr technisch bestimmt und nicht auf philosophischer Ebene.
  • Die Sicherheit privater Informationen wird bei einer offenen Architektur nur über Vertrauensbasis gewährleistet. Jeder entscheidet selbst, wo er wieviel preisgibt.
  • Bei High Fidelity werden, genau wie bei SL, leistungsstarke Heimrechner besser für die optimale Nutzung geeignet sein als schwache Rechner.
  • Second Life soll nicht durch High Fidelity ersetzt werden, sondern Teile der HF-Technologie können sogar in SL übernommen werden. Allerdings wird es wohl Fluktuationen geben. (So hat Philip das zwar nicht gesagt, aber es ließ sich zwischen seinen Sätzen herauslesen).

VWBPE 2014 Opening Keynote Speaker - Philip Rosedale


VWBPE 2014 Opening Keynote Speaker - Philip Rosedale from Petlove on Vimeo.


Alle weiteren Informationen zur VWBPE 2014 gibt es hier:
>> VWBPE 2014 vom 9. bis 12. April in SL und OpenSim

1 Kommentar:

  1. Ein weiteres gutes Zeichen für SL bzw. virtuelle Welten, dass diese Veranstaltung so gut besucht war. Es zeigt, dass die Möglichkeiten dieser Welten noch weiteres Potential beinhalten und wir darauf gespannt sein können.

    Ich kann nur für mich sprechen. Als ich meine ersten Stunden in SL -und überhaupt in einer virtuellen Welt- verbrachte, war die Steuerung meines Avatars überhaupt kein Problem und ich hatte die vollständige Steuerung maximal in 30 Minuten erfasst. Was bei mir dauerte waren bei mir die Bezüge zu anderen Bereichen zu erfassen. Einfaches Beispiel, erst nach 2 Wochen entdeckte ich die Möglichkeiten einen Stream abzuspielen und damit erschloss sich auch die Vielzahl von Partys in SL, bei denen ich bislang nur die Chats und die Sounds der Gesten wahrgenommen hatte.

    Die
    Niki

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