Montag, 9. Juli 2012

Philip Rosedale: Die Medien liegen falsch, Second Life ist nicht gescheitert

Quelle: PandoDaily
Dieser Artikel wurde zwar schon am 6. Juli veröffentlicht, aber so richtig macht er erst seit heute im Web die Runde. Da ich für eine exakte Übersetzung gerade nicht die Muße habe, fasse ich den Inhalt etwas freier zusammen.

Sarah Lacy, Gründerin und Chefredakteurin von PandoDaily, nahm am 5. Juli an einer Veranstaltung von IdeaMensch teil. Dort hielt sie ein Referat über die Idee zu ihrer News-Seite und welche Schwierigkeiten sie beim Aufbau damit hatte. Direkt vor Sarah sprach Philip Rosedale, der Gründer und langjährige CEO von Second Life. Im Artikel beschreibt nun Sarah, wie sie den Auftritt von Philip wahrgenommen hat.

Sowohl die Rede von Sarah, als auch von Philip, hatten eines gemeinsam: Sie drehten sich um die Unfähigkeit der "alten" Medien, sich an eine wandelnde Informationsgesellschaft anzupassen. Rosedale sprach dabei vom "Held-Bösewicht Prinzip" der alten Presse. Zur Verdeutlichung wurde folgendes Beispiel angeführt:
Die örtlichen Redakteure berichten häufig über Neuigkeiten aus dem Silicon Valley, nehmen diese aber nicht ernst, bis irgendwann doch mal etwas offensichtlich erfolgreich ist. Dann wird die verantwortliche Person über Nacht zum Titelheld gemacht, wobei die Recherchen dazu ebenfalls nur schnell "über Nacht" zusammengetragen werden. Verläuft das Ganze dann doch nicht so erfolgreich, wird der Titelheld schnell als dumm oder böse hingestellt. Schließlich wird er dann verspottet, abgeschrieben und vergessen.

Jeder, der aber tatsächlich mal mit einer neuen Idee gestartet ist weiß, dass dies nicht so einfach ist, wie es oft dargestellt wird. Und das gilt auch für Second Life. Es wurde zunächst als das große Ding bezeichnet und ein paar Jahre später als überbewertet wieder fallen gelassen. Second Life ging nie an die Öffentlichkeit und wurde auch nicht aufgekauft. Es gab einige chaotische Änderungen im Management und beträchtliche Entlassungen. Noch schlimmer war aber für viele, dass die Nutzerzahlen nicht gewachsen sind. Viele Medien halten etwas, das nicht wächst, für tod und so zog der Hype dann weiter.

Als dann Zuhörer im Veranstaltungsraum die Frage stellten, ob Second Life jemals rentabel war, denn man könne sich nicht mehr erinnern, argumentierte Rosedale ziemlich überzeugend, dass Second Life überaus erfolgreich war (und ist). Second Life hat aktuell eine Millionen aktive Nutzer. Das ist etwa die gleiche Anzahl, die es auch schon auf seinem Höhepunkt hatte. In jener Phase, als SL das Titelblatt in der BusinessWeek schmückte, Firmen wie IBM in SL eine Niederlassung errichteten, Politiker in SL Pressekonferenzen abhielten und Gruppen wie Duran Duran und Depeche Mode Konzerte veranstalteten.

Diese Nutzerzahl ist bis heute nicht gesunken. Und wenn dies damals eine erstaunliche Leistung war, dann sollte es in Zeiten, in der Webauftritte nur noch Modeerscheinungen sind, die genauso schnell verschwinden, wie sie gekommen sind, immer noch eine erstaunliche Leistung sein. Ebenfalls beeindruckend seien die 700 Mio. US-Dollar Umsatz, die jedes Jahr mit virtuellen Gütern in Second Life gemacht werden. Dies sei mehr als genug, um eine Firma sehr profitabel arbeiten zu lassen. Das einzige Problem von Linden Lab sei, dass sie es nie geschafft haben, die Nutzerzahlen weiter zu steigern. Nichts, was sie ausprobiert haben, hatte zum Erfolg geführt. Und Rosedale ist der Meinung dass nicht mal eine frühere Facebook-Integration geholfen hätte. Wie er sagt, hätten Investoren eine halbe Milliarde Dollar in Mitbewerber von Second Life gesteckt und keinem von ihnen wäre es gelungen, an den Zahlen von SL vorbeizuziehen.

Virtuelle Welten haben sich inzwischen in anderen Ländern zu großen Geschäftsbereichen entwickelt. Rosedale vermutet deshalb, dass die US-Bürger entweder aus kulturellen Gründen nicht auf ein Fantasieland stehen, oder SL einfach viel zu früh erschienen ist. Zur ersten Vermutung sagte Philip, dass es für ihn eine der größten Überraschungen war, dass die meisten SL Nutzer, trotz aller kreativen Möglichkeiten, sich doch nur Häuser im Malibu-Stil auf ihr virtuelles Land stellen. Die meisten scheinen das zu begehren, was sie kennen und für viele Amerikaner sei dies ein erstrebenswertes Ziel. Sie wollen eine Kultur, die bereits von anderen vorgegeben wurde und nicht die Verantwortung dafür tragen, sich ihre eigene Kultur zu erschaffen.

Die zweite Vermutung von Philip, Second Life wäre zu früh auf den Markt gekommen, ist das, wovor sich viele Unternehmer fürchten. Während dem Aufbau einer Firma hat man keine Anhaltspunkte, ob man mit seiner Idee der Zeit voraus ist. Und noch schlimmer: Ein anderer wird mit der Idee, die man ein paar Jahre zuvor gehabt hat, zum Milliardär. Deshalb wäre Rosedale stolz darauf, wenn er wirklich "zu früh" mit Second Life auf den Markt gekommen ist. "Wir hatten früh eine Idee, von der viele Leute glaubten, dass sie irgendwann kommen würde. Und worauf ich am meisten stolz bin ist, dass wir durch unsere harte Arbeit zu einer profitablen Firma wurden, Jahre bevor es eigentlich geplant war."

Man könnte jetzt der Auffassung sein, dies klinge bei Rosedale wie eine Rechtfertigung für das Ende der Erfolgsgeschichte, mit vielen hundert Millionen Dollar für die Investoren. Und als Reporter würde man wohl auch genau dieser Auffassung sein. Denn letzten Endes zählt im Sillicon Valey nur das Waschstum, verbunden mit den verrückten Bewertungen von Firmen, die eigentlich überhaupt nichts mehr mit dem realen Wert zu tun haben. Sie werden auf Versprechen aufgebaut und wenn diese nicht eintreffen, dann endet die Geschichte, zusammen mit der Hoffnung, was daraus hätte werden können.

Von der menschlischen Seite gesehen ist es aber leicht, die Sichtweise von Philip Rosedale zu verstehen. Er schuf etwas Waghalsiges und Verrücktes, das auch heute noch eine Millionen Menschen benutzen. Etwas, das jedes Jahr eine dreiviertel Milliarde Dollar in einer virtuellen Wirtschaft bewegt. Etwas, dass noch keine Anzeichen für eine Abschwächung zeigt, obwohl es eigentlich nicht wächst. Im Grunde hat er eine kleine virtuelle Nation gebaut.

Abschließend schreibt Sarah Lacy, sie habe große Pläne für ihr Unternehmen. Sie möchte auch gern über eine Million treue Kunden und ein hoch profitables Geschäft verwirklichen. Und wenn sie das hinbekommen würde und es dann fast zehn Jahre lang so erfolgreich bestehen bleibt, dann wäre sie verdammt stolz auf ihr Team.

Quelle: Philip Rosedale: The Media Is Wrong, SecondLife Didn’t Fail
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Seit langer Zeit ist das mal wieder ein SL-Artikel, der auch im deutschsprachigen Raum wahrgenommen wird. Hier ein Artikel der österreichischen Furturezone, die den Inhalt kurz zusammenfasst:
>>  “Second Life hat nicht versagt”

6 Kommentare:

  1. Guten Tag!
    Dank für diesen wichtigen Beitrag - habe ihn auch gleich wieder geteilt.
    Habe Dich gern in meinem Blogroll an erster Stelle - auch wenn Du mich Deinerseits gar nicht aufnimmst.
    MfG
    BukTom Bloch

    http://buktomblog.blogspot.de/

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  2. Ich habe die Links in meiner Blogroll immer erweitert, wenn ich durch irgendeinen Anlass (Kommentar, Email, IM in SL, usw.) darauf aufmerksam wurde. Das ist jetzt auch durch deinen Kommentar geschehen und somit stehst du nun drin.

    MfG
    Maddy

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  3. Hallo

    ich halte ja nach wie vor die horrenden Land Preise für den Bremsschuh in Second Life. Hat man eigenes Land, so hat man viel mehr Möglichkeiten seine Ideen zu verwirklichen. Ohne "Heimat" bleibt man eher ein Besucher als ein Macher, und Besucher sind auch schnell wieder weg.
    Mich würde mal interessieren, wieviel "Umsatzsteuer" Linden auf Tranaktionen einführen müsste, um die gleichen Einnahmen zu erzielen, die sie mit ihrem jetzigen Geschäftsmodell erzielen.

    Chilli Riederer

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  4. Mich würde mal interessieren, wieviel "Umsatzsteuer" Linden auf Tranaktionen einführen müsste, um die gleichen Einnahmen zu erzielen, die sie mit ihrem jetzigen Geschäftsmodell erzielen.

    Das kann man sich mit den Daten von von Grid Survey und dem letzten SL Economy Bericht von LL (Q3/2011) einigermaßen ausrechnen. Die Einnahmen für die Miete der Regionen betragen ca. 4,8709 Mio. US$ für Private Estates und ca. 0,969 Mio. US$ für Mainland pro Monat. Macht zusammen 5,8399 Mio. US$/Monat.

    Der Umsatz beim L$-Wechsel betrug auf LindeX in Q3/2011 30 Mio. US$. Runtergerechnet auf einen Monat sind das 10 Mio. US$. Da LL die Graphen aus ihrem letzten Bericht entfernt hat, muss man für den Marketplace-Umsatz etwas recherchieren. Sie schreiben, er sei 30,9% höher, als in Q3/2010. Und dort waren es 904 Mio. L$ im Quartal Plus 30,9% macht 1183 Mio. L$. Bei einem aktuellen Wechselkurs von 1 US$ = 265 L$ macht das dann 4,464 Mio. US$ im Quartal oder eben 1,49 Mio. US$ im Monat.

    Also werden bei LindeX und Marketplace zusammen 11,49 Mio. US$ pro Monat umgesetzt. Um damit nun den Verlust von 5,8399 Mio. US$ der Landeinnahmen auzugleichen, müsste Linden Lab auf jeden umgesetzten Betrag über LindeX und Marketplace eine Steuer von etwa 51% erheben.

    Ok, die Rechnung ist etwas abenteuerlich, aber so etwa sieht das für mich aus. :)

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  5. Hallo

    danke für die Rechnung. Also wäre die Umsatzsteuer-Methode keine wirkliche Alternative. Aber vielleicht anteilig. Grob übern Daumen, mit 20% Umsatzsteuer könnte man die Preise fast halbieren^^.

    Chilli

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  6. Guten Tag,
    ach so war es zu verstehen, Maddy - ja gut, dann hat ja meine Äußerung ungewollt aggressiv auf Dich wirken müssen.
    Das meine ich so: seinerzeit hatten wir ja, ausgehend von den BB / KuKo und ausgeführt von Firlefanz, alle die Tafeln inworld ausgetauscht, die mit den Blogadressen.
    Im Rahmen dessen habe ich seinerzeit alle die auf den Tafeln waren in meinem Blogroll integriert - und gedacht, dass dies wohl alle anderen genauso machen (denn das war ja quasi die Idee dahinter).
    Bzw. bin ich davon ausgegangen, dass der, der es NICHT tut, dies absichtlich und eben aus Gründen nicht macht ...
    Daher meine scheinbar patzige Bemerkung.
    Dank für die Aufnahme jetzt, auf jeden Fall!!

    Noch zum Topic:
    Auf meiner SIM sind vor wie nach Grundstücke frei. Wer entweder (auf der SIM!) unkommerziell kreativ tätig ist, ODER ein soziales Projekt umsetzen will ist herzlich will kommen und zahlt nur Miete, wenn er kann und will - bzw. wenn ja dann nach unten hin unbegrenzt, heißt bis zu Null LD.
    Ich biete auch immer Gelegenheit zur ehrenamtlichen - oder gut bezahlten - Hilfe in der Bibliothek an - auch so kann man sich sinnvoll und seriös finanzieren.
    Doch dies nur als ergänzende Info.
    Bei Fragen - gerne fragen!
    MfG
    BukTom Bloch

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