Mittwoch, 6. November 2019

Pfaffenthal 1867 von SL nach Sansar zu Roblox

Pfaffenthal 1867 in Second Life
Heute habe ich auf New World Notes etwas zu einem Thema gelesen, das mir vor einer Woche selbst schon aufgefallen war. Der Artikel von Wagner James Au liefert nun genug Informationen, damit ich auch mal etwas darüber schreiben kann.

Bis Ende Dezember 2018 gab es in Second Life eine Nachbildung der luxemburgischen Stadt Pfaffenthal aus dem Jahr 1867. Dazu wurden insgesamt acht Regionen genutzt, deren Kosten vom Nationalen Historischen Museum in Luxemburg getragen wurden. Und diese Finanzierung wurde Ende 2018 eben eingestellt.

Aus diesem Grund haben die Ersteller von Pfaffenthal 1867 unter der Leitung von Hauptmann Weydert (in RL: Pit Vinandy, auch bekannt als Cyberpiper) das Projekt in Second Life beendet. Schon ein Jahr zuvor hatte dieses Team begonnen, in Sansar ihr Pfaffenthal erneut aufzubauen. Denn dort ist das virtuelle Land kostenlos und Sansar unterstützt VR-Brillen. Beides war für das 1867 Team ein reizvolles Argument, das Projekt nach Sansar zu verlegen. Die näheren Hintergründe hatte Pit Vinandy im Juni 2017 in einem deutschsprachigen Interview mit Nida und Seraph Nirvana dargelegt.

Pfaffenthal 1867 in Second Life
Ich selbst habe hier oft über die Pfaffenthal Regionen gebloggt. Um nicht so viele Links einzeln zu posten, habe ich meine Berichte und diesem Label zusammengefasst. Auch nachdem das Projekt dann aus Second Life nach Sansar umgezogen war, habe ich dort gelegentlich vorbeigeschaut. Das erste Mal im November 2017, doch zu diesem Zeitpunkt gab es nur eine Karte auf dem Terrain der Sansar Experience.

Nachdem ich heute den Artikel aus New World Notes gelesen hatte, habe ich noch einmal die Sansar Experience (die man jetzt "World" nennt) besucht. Es gibt zwar jede Menge Häuser, aber keine Landschaft und keine Texturen. Lediglich zwei Häuser sind so detailliert wie es in Second Life einmal gewesen ist (im Bild unten ganz links zu sehen). Wer selbst einmal schauen will, findet hier den Link zum Sansar-Projekt "1867".

Pfaffenthal 1867 in Sansar
Auf YouTube habe ich nun vor einer Woche gesehen, dass das 1867 Projekt jetzt auf der Spielplattform Roblox beheimatet ist. Und dort scheint die Erstellung bereits weitgehend fertig zu sein. Roblox ist eine Plattform, auf der Nutzer ihre eigenen Spielwelten erschaffen und betreten können. Hier ist das aktuelle Video zum 1867 Projekt in Roblox. Die Stadt sieht gar nicht mal so schlecht aus, die Avatare sind allerdings Playmobil Style.

Roblox 1867 - Trailer



Zu den Hintergründen des bisher geschilderten Verlaufs gibt es nun ein paar Informationen von Wagner James Au. Aufgegriffen hatte Wagner das Thema, weil Cyberpiper in einem alten Artikel zum Sansar-Projekt einen Kommentar hinterlassen hat. Darin schreibt er das Folgende:
Ich vermisse, was wir in SL hatten. Das Problem liegt aber in der eher volatilen Natur der SL-Community. Du machst etwas Neues, Schönes, Interessantes, und die Leute kommen. Um das aufrechtzuerhalten, muss man jede Menge Arbeit einplanen, hauptsächlich die Organisation von vielen Events. Aber trotz unserer Bemühungen nahmen die Besucherzahlen ab. Gott, wir haben unserer 1867er Gemeinde sogar kostenlose Wohnungen angeboten. Das ist selten in SL!

Der Vertrag mit dem RL-Museum ging zu Ende und offen gesagt konnten wir es uns nicht leisten, 7.000 Euro Tier pro Jahr an LL aus eigener Tasche zu zahlen!

Sansar war eine Enttäuschung. Wir schafften es schließlich, eine ganze Straße zu bauen, mussten aber wegen zu viel Lag erneut anfangen. Wir versuchten Wege zu finden, wie wir effizienter texturieren und bauen konnten. Für Sansar wurde auch eine Entwicklung für mobile Geräte versprochen, die dann von der Roadmap gestrichen wurde. Das war eine große Enttäuschung für uns. Und...wir alle wissen es... es gibt keine Besucher in Sansar...im Moment jedenfalls...

Also haben wir die Sansar-Entwicklung auf Eis gelegt und beschlossen, ein eigenes MMORPG zu entwickeln. Zunächst mit der Entwicklung einer "Kinderversion" auf ROBLOX...schaut es euch an.

Pfaffenthal 1867 in Roblox
Cyberpiper schrieb Wagner dann noch eine E-Mail mit den folgenden Informationen:
In Roblox haben sich seit April bereits 3.500 Nutzer das virtuelle Pfaffenthal angesehen. Insgesamt hat Roblox 100 Millionen registrierte Nutzer. Die Sansar-Experience soll nicht ganz aufgegeben werden. Sollte Linden Lab die Nutzbarkeit in Zukunft noch deutlich verbessern, will man die begonnene Experience evtl. weiterbauen.

In Roblox gibt es wie in Second Life inworld Bauwerkzeuge, aber die sind sehr einfach gehalten. Für das 1867 Projekt wurden hauptsächlich fertige Mesh-Modelle hochgeladen. Allerdings in Einzelteilen, die man dann inworld erst zusammengesetzt hat. Verlinkte Objekte lassen sich in Roblox nicht hochladen, so wie es in Sansar und Second Life möglich ist.

Auch Terraforming ist in Roblox machbar, aber auch hier wieder nicht so komfortabel wie in Second Life. In Sansar gibt es dagegen gar kein Terraforming. Und Roblox unterstützt nur einfache Texturen. Keine Normal‑ und Specular‑Maps für Materialeffekte. Dafür läuft Roblox aber auf vielen Plattformen, inklusive Playstation und auf mobilen Geräten. Ebenso ist Roblox mit VR-Brillen nutzbar.

Pfaffenthal 1867 in Roblox
Okay, meine Zeit läuft mir davon. Deshalb kürze ich jetzt ab. Viele Leute fragen sich ja oft, warum Second Life (und auch Sansar) nicht viel mehr neue Nutzer anlockt. Das Beispiel des 1867 Projekts zeigt ganz gut einen Teil der Gründe. Second Life ist zu teuer und es ist schwer, eine größere Community dauerhaft zu halten. Sansar ist technisch scheinbar ein Flop und hat im Grunde gar keine Nutzer, um überhaupt eine Community aufzubauen.

Links:

2 Kommentare:

  1. Es immer traurig zu lesen, dass solch gute Regionen häufig solche Probleme haben. Auch gestern musste ich von einem Freund auf der Mini SciFi Expo erfahren, dass er sein Region wegen Geldknappheit aufgeben musste. Unter den 80 aktiven RP-Mitgliedern fand sich keiner, ihn hierbei zu unterstützen.

    Ich erlebe es auch auf unserer Region. Es ist anscheinend heute für viele Nutzer selbstverständlich, dass alles in SL kostenfrei ist. Es wird wie selbstverständlich die Region genutzt, ohne sich Gedanken zu machen, dass andere die Region bezahlen und sie kostenfrei zur Nutzung freigeben. Aber wenn derjenige ausfällt, ist es meist der Tod einer Regon, da nur wenige Nutzer bereit sind auch nur einen L$ dafür zu opfern.

    Glücklicherweise gibt es noch eine Schar von Nutzern, die hier den Durchblick haben und auch den einen oder anderen L$ in ein Tipjar zum Erhalt einer Region spenden. Ohne diese Helfer wäre Second Life schon längst Geschichte.

    Die Niki

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  2. Ich gebe Dir (teilweise) recht, ich denke aber auch das viele der SL Nutzer schlicht nicht in der Lage sind, viel Geld für Land ausgeben zu können. Es gibt eine Menge Rentner und Frührentner, es gibt eine Menge arbeitslose User, es gibt eine Menge User die in irgend einer Form mit Behinderungen leben müssen. Und die alle haben in der Regel mal mit Mühe und Not das Geld, sich eine kleine Parzelle zu finanzieren oder einen Premium Account. Und das wars dann.

    Ich zumindest sehe das Sterben der interessanten und schönen Regionen ebenso ungern wie Du, aber ich wäre finanziell schlicht nicht in der Lage sie zu erhalten. Wäre ich es hingegen, würde ich eher eine eigene Region aufbauen, weil das immer schon mein großer Traum war.
    Im Fall von Pfaffenthal denke ich, dass die User die sich interessierten, es häufig genug besucht hatten. Neue kamen nicht dazu, da ja die Nutzerzahlen in SL nicht unbedingt steigen. Und im RL Museum hatten wohl auch alle Besucher die sich grundsätzlich für VR interessieren, schon einmal hineingeschaut. Da ist es verständlich, dass das Museum das Projekt nicht weiter unterstützt hat, aber genau so traurig.
    Manchmal denke ich, es wäre schon viel erreicht wenn LL damit beginnen würde, die ganze PR die sie in Sansar gesteckt hatten, mal in SL zu stecken, denn es hat seit es damals den großen Medienhype gab, immer noch einen sehr sonderbaren Ruf. Und viele Menschen wissen gar nicht, dass es nach der langen Zeit noch existiert. Ich bekomme häufig diese Reaktion wenn ich SL erwähne "waaas, das gibts noch?"
    Klar, ein Problem mit neuen Usern ist es, dass SL inzwischen eine so extreme Lernkurve hat. In der heutigen Zeit geht der Trend eher hin zum "ich mag konsumieren und mich dafür nicht anstrengen".
    Und daher stimme ich der Aussage eines Kommentators von Wagner James Au's Artikel zu: LindenLab wäre deutlich besser beraten gewesen ein "Second Life 2.0" zu entwickeln anstatt ein total anderes Produkt mit einer anderen Zielgruppe.
    Ein SL mit einer modernen Engine, weniger Lag, weniger Landkosten und einer völlig anderen Finanzpolitik, das schnell zu begreifen und für die die es möchten auch VR fähig wäre. Denn 15 Jahre Beständigkeit ist der beste Beweis dafür, dass die Idee für SL eine war, die bis heute Menschen fasziniert. Wenn auch nicht mehr so viele wie zu Hype Zeiten. Und ich glaube, ein SL 2.0 hätte wirklich super Chancen gehabt.

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