Zur Zeit reibe ich mir verwundert die Augen, denn so viele positive Artikel über Second Life wie in den letzten Tagen, habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Über zwei davon habe ich ja bereits
hier und
hier berichtet. Entweder ist das nur eine zufällige Anhäufung solcher Artikel, oder einige Journalisten sind irgendwie dahintergekommen, dass eine Plattform, die nach 12 Jahren immer noch Gewinn für ihren Betreiber abwirft, doch nicht so tot sein kann.
Heute hat der Business Insider einen Artikel veröffentlicht, dessen Titel übersetzt in etwa wie folgt lautet:
"Diese Firma war für die virtuelle Realität 13 Jahre zu früh - und sie macht sich bereit, es noch einmal zu versuchen." Gemeint ist mit der Firma natürlich Linden Lab.
Wie schon im GOOD-Artikel vom letzten Donnerstag, beginnt der Business Insider mit einem Rückblick auf die Hype-Zeit von Second Life. Als statistische Info gibt es jedoch ein paar aktuelle Zahlen, die Ebbe Altberg vor kurzem auch schon an anderer Stelle äußerte. Es gibt 900.000 aktive SL-Nutzer, diese tauschen pro Jahr für 60 Millionen US-Dollar ihre Linden Dollar in reale Währung und die gesamten Transaktionen in SL betragen pro Jahr umgerechnet mehr als 500 Millionen US-Dollar.
Dann werden einige Aussagen von Ebbe wiedergegegeben, die er direkt gegenüber Business Insider gemacht hat. Gleich die erste lautet:
"Nun erwacht diese Welt erneut." Linden Lab hat inzwischen wieder auf 200 Mitarbeiter aufgestockt und arbeitet nun an einem angemessenen Nachfolger für Second Life. Dabei nutzt die Firma die Gelegenheit, die ganzen neuen Entwicklungen im Virtual Reality Bereich mit einzubeziehen.
Ebbe betont auch, dass SL auf seinem Höhepunkt 1,1 Mio. aktive Nutzer hatte und diese lediglich auf 0,9 Mio. Nutzer zurückgegangen wären, was für einen Zeitraum von 9 Jahren nicht wirklich ein starker Einbruch gewesen sei. Danach wird erwähnt, dass sich das Geschäftsmodell mit Gebühren für virtuelles Land über all die Jahre nie geändert hätte. Interessant dann die Aussage, dass nur 10 SL-Nutzer etwa 30% des gesamten Landes in SL besitzen.
Im Weiteren wird dann die funktionierende SL-Wirtschaft erwähnt und dass SL kein Spiel ist, sondern jeder selbst herausfinden muss, was man darin machen möchte. Als Beispiele werden Jo Yardleys "1920 Berlin" und ein barockes Casino mit Bar von einem Lichtdesigner aus Dublin erwähnt (vielleicht ist damit Kaya Angel gemeint?). Weiter geht es mit einigen Erwähnungen anderer Institutionen, die SL für ihre regelmäßigen Meetings, Kurse und Lesungen nutzen. Darunter TechSoup und die Texas A&M University.
Um nun in Zukunft für die Neuentwicklungen im VR-Sektor gewappnet zu sein, würden laut Business Insider die ständigen Updates von Second Life nicht mehr ausreichen. Die Grafikengine erreicht einfach nicht die Framerate und Performance, die für ein immersives VR-Erlebnis notwendig wäre. Dass Linden Lab deshalb an einer neuen virtuellen Welt arbeitet, wird im Artikel besonders positiv gesehen. Der Autor ist der Ansicht, wenn Leute schon virtuelle Klassenzimmer und Seminarräume im technisch veralteten Second Life errichten würden, was wäre dann erst möglich bei einer neuen und moderneren Plattform.
Laut Ebbe Altberg wird sich SL2 auf die folgenden drei Kernpunkte fokusieren:
- Es soll für die Nutzer leichter sein, gute und relevante Inhalte zu finden.
- Es soll mehr Leuten ermöglicht werden, die guten und relevanten Inhalte gemeinsam zu erleben (genannt wird hier ein Konzert der Gruppe Duran Duran in Second Life, bei dem aufgrund des Avatarlimits nur 50 Leute teilnehmen konnten).
- Es sollen neue Wege ermöglicht werden, bei denen die Nutzer mit ihren Inhalten Geld verdienen können (zum Beispiel vermieten von bereits eingerichteten Klassenräumen an andere Universitäten).
Abschließend sagt Ebbe, wenn es Linden Lab gelingt, diese Punkte umzusetzen, dann wird der Erfolg von Second Life mit der neuen Plattform fortgeführt. Die Firma hat einen Vorsprung in der Entwicklung von nutzergenerierten Inhalten, virtuellem Nachbau von realen Räumen und in Bezug auf Mehrspieler-Onlinewelten. Denn Linden Lab hat im Grunde 10 Jahre zu früh begonnen, Dinge zu entwickeln, von denen die Leute dachten, sie seien unmöglich.
Quelle: This company was 13 years early to virtual reality — and it's getting ready to try again