Quelle: SecondLife Official / Flickr |
Das Interview war auch ziemlich lang, verglichen mit einer durchschnittlichen Lab Gab Folge. Es dauerte 56 Minuten. Philip ist zur Show tatsächlich in seinem uralten Outfit erschienen, inklusive perlenbesetztem Hosenlatz. Ob er die Rose früher auch schon in der Hand hielt, kann ich nicht mal sagen. Vielleicht hat er die ja wegen Strawberry herausgeholt.
Allgemeines
- Philip hält die aktuelle Lage mit der COVID-19 Pandemie für die verrückteste Zeit, die er bisher in seinem Leben erlebt hat.
- Philip loggt immer noch ab und zu in Second Life ein. Er erzählte, dass er erst kürzlich die neuen Linden Homes auf Bellisseria besichtigt hätte und dabei einigen Leuten begegnet ist und mit ihnen gesprochen hat.
- Rosedale ist nicht überrascht, dass SL nach fast 20 Jahren (inkl. Betaphase) immer noch existiert. Er findet es allerdings faszinierend, dass das Grid über all die Jahre relativ stabil in seiner Größe geblieben ist.
- Second Life ist auch heute noch seiner Zeit voraus. Es gibt noch viele Dinge, die in Second Life gemacht oder umgesetzt werden können, aber an die bis jetzt noch keiner gedacht hat.
- Rosedales Avatar ist bei einem Avatarwettbewerb entstanden, als Skins in Second Life eingeführt wurden. Er hatte parallel dazu einen internen Wettbewerb mit Andrew Linden (der heute immer noch für Philip bei High Fidelity arbeitet), wer es schafft, den besten Avatar zu gestalten. Da Philip nicht gut im Gestalten ist, hat er einfach versucht mit einer Kombination aus verrückten Elementen zu punkten. Am Ende hat dann aber Andrew gewonnen und Philip spendierte ihm ein Abendessen. Da dieser Avatar dann Philips Identität in Second Life wurde, hat er ihn bis heute nicht geändert.
- Ziemlich am Ende des Interviews sagte Philip, dass COVID-19 einen großen Teil der Welt dazu gebracht hätte, sich auch virtuelle Arbeits- und Freizeitmöglichkeiten anzusehen. Davon haben fast alle Internetplattformen profitiert. Philip ist trotz der an sich negativen Situation stolz darauf, an Technologien zu arbeiten, die in der Pandemie dabei helfen, Menschen zusammenzubringen und sie miteinander kommunizieren zu lassen.
- Als letzte Aussage in der Show sagte Philip noch, dass er sich für Second Life wünscht, dass das Interface für den Zugang einfacher zu nutzen und bedienen wäre. Für viele Leute auf der Welt wäre der eine oder andere Aspekt von Second Life durchaus interessant, jedoch scheitert es bei vielen an der Zugänglichkeit. Diese Aussage könnte man als Wink an Linden Lab verstehen, vielleicht doch noch einen anderen Zugang als den recht komplexen Viewer von heute zu entwickeln.
Die alten Zeiten bei Linden Lab
Philip Rosedales Avatar |
- Für Philip war nicht die Erfindung des Heimcomputers die größte Innovation in seiner Jugend, sondern die Einführung des Internets, das eine Vernetzung der Computer ermöglichte. 1995 war Philip noch der Ansicht, dass das Internet nicht schnell genug für eine virtuelle Welt war. Aber 1999 war für Philip das Jahr, in dem sowohl das Internet durch erste Kabelmodems erwachsen wurde als auch die Heimcomputer durch erste Grafikkarten eine gute Performance ablieferten. Als er das sah, hat er beschlossen Second Life zu entwickeln. Zu dieser Zeit war er noch CTO bei RealNetworks. Er kündigte und startete mit seinem Studienfreund Andrew die Firma Linden Lab.
- Bereits 1992 hat Philip so etwas wie ein Virtual Reality Gerät für Computer entwickelt. Er nannte es "The Rig". Im Jahr 2000 meldete er es sogar im Namen von Linden Research als Patent an. Dieses Patent hat heute immer noch Gültigkeit.
- Als Linden Lab gegründet wurde, war Microsoft gerade ein "böses Unternehmen". Dort wurde alles von oben herab delegiert. Philip wollte es bei LL genau anders herum. Seine Mitarbeiter sollten nur das machen, was sie für richtig hielten und dem CEO lediglich erklären, warum sie etwas so machen.
- Später in der Show sagte Philip jedoch auch die Frage, was er aus heutiger Sicht anders gemacht hätte, dass er vielleicht zu idealistisch war. Wenn einige Leute gut gefunden hätten, wie er die Firma führte, bedeutet dies nicht, dass alle damit einverstanden waren. Von diesem Standpunkt aus hatte Philip, der sich selbst als Rebell bezeichnet, das Ganze in den Anfangsjahren von Linden Lab nicht gesehen. Er hätte damals alternative Arbeitsumfelder ermöglichen sollen.
- Seinen Posten als CEO von Linden Lab hatte Philip aufgegeben, weil er der Ansicht war, dass er nicht mehr der richtige Mann für diesen Posten zu dieser Zeit war (2009).
Strawberry und Philip |
- 2009 gründete Philip die Firma LoveMachine Inc.. Sie hat nur eine kleines Programm vertrieben, das bei Linden Lab bereits seit 2005 genutzt wurde. Und zwar konnten Mitarbeiter anderen Mitarbeitern eine positive Meldung zukommen lassen, wenn sie etwas Positives getan hatten. Diese Meldungen wurden auf großen elektronischen Boards gesammelt und an bestimmten Plätzen im Büro angezeigt, so dass alle Mitarbeiter der Firma sie sehen konnten. Das erhöhte nachweislich die Zufriedenheit und das Selbstwertgefühl der Mitarbeiter. Als Firma hatte LoveMachine dann einige Kunden, die dieses System übernahmen. High Fidelity und Linden Lab nutzen es sogar heute noch. LoveMachine ist als Business inzwischen wieder geschlossen worden.
Übernahme von Linden Lab durch Investoren
Strawberry Linden |
- Wie zu erwarten war, hat Philip keine neuen Informationen zu diesem Thema ausgeplaudert, da der Prozess zur Übernahme von Linden Lab immer noch nicht abgeschlossen ist. (Siehe meine Berichte hier und hier.)
- Philip kennt Bradford Oberwager schon ziemlich lange und er war seit den Anfängen von Second Life immer an den Vorgängen und Meldungen rund um diese Plattform interessiert. Er hält Bradford für einen sehr integren Menschen, der gut zuhören kann. Durch ihn erhält Second Life den Rückhalt, weiter zu wachsen, was Philip sehr aufregend findet.
High Fidelity Inc.
- 2011 startete Philip das Projekt "Coffee and Power". Das war ein Jobvermittlungsdienst für kleinere Aufträge. Einige dieser Aufträge kamen von Philip selbst, da er bestimmte Funktionen für eine mobile App namens "Workclub" benötigte. 2013 kündigte Coffee and Power dann an, die Arbeiten an Workclub einzustellen und unter dem Namen "High Fidelity" etwas völlig Neues zu starten.
- Mit dem Erscheinen der VR-Brillen hatte Philip angenommen, dass diese Technologie das nächste große Ding auf dem Massenmarkt sein würde. Deshalb fiel die Entscheidung, die virtuelle VR-Welt "High Fidelity" zu entwickeln. Philip sagte dann gleich im Anschluss, dass diese Entscheidung aus heutiger Sicht falsch war.
- Vor einem Jahr wurde Philip dann klar, dass die VR-Brillen kein Massenmarktprodukt werden würden. Zumindest nicht in absehbarer Zeit. Deshalb wurde die Entscheidung getroffen, die VR-Welt zu stoppen und etwas anderes zu starten.
- Man wollte nun etwas entwickeln, das jeder nutzen kann, der ein Gerät mit Browserzugang zum Internet hat, ohne weitere Hardware. Die neue Plattform von High Fidelity kann räumlich ortbare Audioquellen fast ohne Latenz im Internet übertragen.
- Eigentlich sollte die Audio-Plattform auch eine 3D-Grafik bekommen, doch mit Beginn der Pandemie hat man bei HiFi entschieden, das was man bisher entwickelt hatte, in Verbindung mit einer Draufsicht auf eine 2D-Karte zugänglich zu machen.
- Es gibt viele Möglichkeiten, seine Identität in virtuellen Umgebungen zum Ausdruck zu bringen. In SL sind es Pixel in Form eines Avatars, in High Fidelity ist es aktuell die Audio-Repräsentanz im dreidimensionalen Raum.
Die Zukunft von High Fidelity
- Die Audio-Plattform wird so ausgebaut, dass tausende Teilnehmer gleichzeitig am selben Ort miteinander kommunizieren können.
- Wenn man eine 3D-Welt so detailliert wie Second Life rendern möchte, dann geht das nur mit wenigen Nutzern, die gleichzeitig am selben Ort sind. Mit tausenden Teilnehmern ist es selbst für modernste aktuelle Technologie fast unmöglich. Philip sagte, man hätte bei High Fidelity ein paar sehr verrückte Ideen, wie man das in Verbindung mit der neuen Audio-Plattform vielleicht hinbekommen könnte. Mehr wollte er dazu nicht sagen, weil geheim.
Second Life's Lab Gab Episode 32 - Second Life Founder, Philip Rosedale!
Für mich war das die beste Lab Gab Folge bisher. Was wahrscheinlich an der Art von Philip liegt, wie er Dinge erklärt und beschreibt. Aber auch Strawberry hat sich im vergangenen Jahr ganz schön weiter entwickelt. Sie war ja vor ihrer Zeit bei Linden Lab auch schon eine gute Bloggerin. Aber nun ist sie in meinen Augen noch reifer geworden. Diese Stunde mit Philip hat sie sehr souverän moderiert.
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