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Donnerstag, 12. Dezember 2019

Die virtuelle Welt High Fidelity wird aufgegeben

Quelle: High Fidelity / Facebook
In den letzten drei Tagen hat Philip Rosedale, CEO von High Fidelity Inc, zwei längere Beiträge im HiFi‑Blog veröffentlicht.

Beim ersten Post habe ich mir noch nicht viel gedacht, doch wie sich jetzt herausstellt, war das nur die Vorbereitung auf den zweiten Post, der für die Zukunft der virtuellen Welt von High Fidelity umfangreiche Auswirkungen haben wird.

Am 9. Dezember hat Philip zunächst einen Abgesang auf VR-Brillen (kurz HMD für "Head Mounted Display") verfasst. Philip ist der Ansicht, dass die aktuellen HMDs nicht die geeignete Technik haben, um Smartphones und Desktop PCs zu ersetzen.

Seiner Ansicht nach hat das vier Ursachen:
  • HMDs sind zu schwer. Die Nutzer sind meist nach 15 Minuten ermüdet.
  • HMDs verhindern die Wahrnehmung der Außenwelt. Eine "Durchschaufunktion" ist erforderlich.
  • Die Nutzung einer Tastatur ist nur sehr erschwert möglich.
  • Die Qualität der Bildschirme ist nicht gut genug. 3K pro Display wären erforderlich.

Philip schreibt, dass sich die HMD-Technik im privaten Unterhaltungsbereich gerade im Entwicklungswinter befindet. Deshalb will er sich weiterhin auf den kommerziellen Profibereich konzentrieren, mit der Hoffnung einen Bedarf zu wecken, der für mehr Investitionen bei den Herstellern von HMDs sorgen könnte.

Quelle: Requiem for the HMD

Die Region "Gotham" in High Fidelity
Am 11. Dezember hat Philip dann mit seinem zweiten Blogpost ziemlich harte Fakten geschaffen, die so wohl niemand erwartet hätte.

Kurzer Rückblick: Am 5. April 2019 hatte Philip bereits eine Neuausrichtung für HiFi angekündigt. Damals hieß es, man werde sich aus dem aktiven Promoten von HiFi zurückziehen, die eigenen öffentlichen Regionen schließen und keine weiteren Events mehr veranstalten. Und am 7. Mai 2019 wurde in einer weiteren Ankündigung bekanntgegeben, dass man 25% der HiFi Mitarbeiter entlässt und sich mit dem Rest des Teams auf die Entwicklung von Tools für virtuelle Zusammenarbeit in Firmen konzentrieren will.

Gestern gab es dann die folgenden Meldungen von Philip, die ich aufgrund der Länge seines Artikels nur als Liste zusammenfasse:
  • Man hat seit Mai 2019 eine Desktop Version für virtuelle Zusammenarbeit von Teams entwickelt.
  • Mehr als 75 Firmen haben an den Tests für die virtuelle Zusammenarbeit teilgenommen.
  • Man habe festgestellt, dass es nicht genug Firmen gibt, die an Tools für virtuelle Zusammenarbeit interessiert sind, so dass sich eine Vermarktung der HiFi-Lösung nicht lohnen würde. Ebenso lohnt sich auch eine Weiterentwicklung nicht.
  • Zudem hätte man es aufgegeben, für die aktuelle Generation von HMDs eine passende Plattform zu entwickeln.
  • Das würde aber nicht bedeuten, dass man virtuelle Welten generell aufgegeben hätte.
  • Ein Team von High Fidelity Inc arbeitet aktuell an etwas völlig Neuem, über dessen Inhalt man noch nichts sagen möchte.
  • All dies führt nun dazu, dass High Fidelity Inc seine eigene Codebasis für HiFi ab dem 15. Januar 2020 unzugänglich macht. Man hätte nicht mehr die Zeit, die Codebasis zu pflegen.
  • Da der Code Open Source ist, kann sich jeder vor dem 15. Januar eine Kopie herunterladen und eine eigene Codebasis anlegen.
  • Da das verbliebene Team nach den Entlassungen im Mai es nicht geschafft hat, High Fidelity voranzubringen, wurden am 11. Dezember (also gestern) weitere 50% der Mitarbeiter entlassen. Dennoch bedankt sich Philip für die gute Zusammenarbeit und das Talent, dass die Mitarbeiter an den Tag legten.
  • Im Steam Store und im Oculus Store werden die Apps für den Login zu HiFi entfernt. Ebenso wird die Virtual You App zum Erstellen von 3D-Avataren auf einem Smartphone aus dem Apple Store und dem Google Play Store entfernt.
  • Die Möglichkeit zum Anlegen eines neuen Account auf der HiFi Homepage wird entfernt.

Am Ende dankt Philip der HiFi-Community für ihre Hingabe und Unterstützung. Er hofft, dass viele darauf warten, bis das HiFi-Team sein neues Produkt starten wird. Ich bin mir da nicht so sicher, denn für alle, die nun sieben Jahre versucht haben, in HiFi etwas aufzubauen, ist diese radikale Neuausrichtung bestimmt schmerzhaft.

Quelle: Updates, and a New Beginning

Mein Avatatar in High Fidelity anno 2016
Zum Schluss noch ein paar kurze Informationen aus der FAQ, die High Fidelity Inc angelegt hat, um den aktuellen Nutzern weitere Fragen zu beantworten.
  • Die Virtual You: 3D Avatar Creator App wird am 15. Januar 2020 aus den Stores entfernt.
  • Die virtuelle Welt von HiFi wird mit den Regionen der Nutzer weiter zugänglich bleiben.
  • Bestehende Accounts und deren Inventar werden nicht gelöscht.
  • Nach dem 15. Januar 2020 kann man sich keinen HiFi-Account mehr anlegen.
  • Der aktuelle Viewer wird weiterhin funktionieren, aber er wird nicht mehr aktualisiert.
  • Die Blockchain für den Content-Schutz bleibt erhalten.
  • Der Maketplace von HiFi wird am 15. Januar 2020 geschlossen.
  • Die virtuelle Währung HFC kann nach dem 15. Januar 2020 nicht mehr umgetauscht werden.
  • Das High Fidelity Team wird zu keinem Thema mehr irgendwelchen Support anbieten.
  • Die Dokumentation der aktuellen Server-Version wird im Web entfernt. Es gibt aber ein PDF.
  • Auch der Zugang für virtuelle Zusammenarbeit im Business Bereich wird eingestellt.
  • Bestehende Nutzer der App für virtuelle Zusammenarbeit können diese weiter nutzen.
  • Das HiFi-Forum wird ebenfalls am 15. Januar 2020 geschlossen.
  • Das Erstellen eigener virtueller Welten mit dem HiFi Open Source Code ist erlaubt.

Ich persönlich denke nicht, dass mit dem Open Source Code von HiFi in Zukunft irgendeine virtuelle Welt entwickelt wird, die für große Aufmerksamkeit sorgen könnte.

Quelle: Company Update: A New Beginning (FAQ)

Links:

5 Kommentare:

  1. Das klingt ja nicht gerade berauschend!

    Die Zeitschrift GEO bringt in ihrer aktuellen Ausgabe 12/2019 gerade den Artikel VIRTUELLE WELT (Seite 142 ff). Darin äußert sich Philip Rosedale gegenüber der Reporterin Eva Wolfangel noch immer enthusiastisch bzgl. VR.

    Dabei kommt aber auch zur Sprache, dass er seine Erwartungen bzgl. High Fidelity bereits zurückschrauben und Mitarbeiter entlassen musste. Dies wird von der Meldung, die du jetzt bringst, unangenehm übertroffen.

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    1. Enthusiastisch war Philip schon immer. Die Frage ist nur, wie viele Leute nach einer solchen Aktion noch Lust haben, sich erneut mit einer Plattform zu beschäftigen, die von ihm entwickelt wird.

      Ich habe zum Glück nicht viel Zeit und Geld in High Fidelity investiert. Aber andere haben im Open Source Bereich viel Herzblut in die Verbesserung von Funktionen gesteckt. Die bekommen jetzt ein "danke für eure Unterstützung" und das wars.

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  2. Und wieder einer weniger...

    … aber irgendwie war es schon bei der Meldung im Frühjahr absehbar, dass das Damoklesschwert über Hifi hing. Es muss ja alles finanziert werden und sicher ist der eine und andere Geldgeber zwischenzeitlich ausgeschieden.

    Ich sehe auch, dass Hifi damit Geschichte ist und sich wohl kaum einer mit dem Open Source von Hifi große beschäftigen wird.

    Schade, aber wie Philip es auch beschreibt, die Technik ist eben noch nicht soweit, dass das Groß der Nutzer sich mit VR dauerhaft beschäftigt. Ich bin aber der Meinung, dass virtuelle Welten und auch VR kommen werden, wenn die Technik bedienbarer, komfortabler und bezahlbarer wird.

    Die Niki

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  3. Ehrlich gesagt, ich selbst kann mich auch nicht überwinden, mir eine VR-Brille nebst Ausstattung zuzulegen.

    Trotzdem wünsche ich mir, dass VR und auch SL in der Gesellschaft besser bekannt wäre. Für meinen Geschmack sollte man die Betonung mehr auf die Kreativität, auf die Fantasie, den Schaffensdrang legen. Vielleicht auch auf die Kunst.

    Wenn ich meinen realen Freunden und Freundinnen von meinen Ausflügen im SL erzähle, wenn ich davon schwärme, wie ich mit einer virtuellen Schmalspurbahn um die Insel gefahren bin und die Landschaft erkundet habe, wie ich mit internationalen Bekannten in einem Steampunkcafé gehockt und wie besoffen philosophiert habe, wie ich auf einem schottischen Schloss ein klassisches Konzert genossen habe – und noch so einiges andere –, dann ernte ich real so etwas wie verständnisvolles Mitleid. Sonst nichts.

    Wie sollen sie es auch glauben? Sie können es ja nicht sehen!

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  4. Ich stimme Dir 100% zu, Flora. So geht es mir auch oft.

    Die Niki

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